Türkei News :: Vermischtes :: Erneute Schadensersatzklage gegen Orhan Pamuk
"30.000 Kurden und 1 Millionen Armenier wurden in der Türkei getötet." Für diesen Satz sollte Orhan Pamuk in der Vergangenheit nicht nur mit seinem Leben zahlen. 2006 wurde auch ein Schadensersatzverfahren gegen den Schriftsteller angestrengt, das jedoch vor einem türkischen Gericht keinen Erfolg hatte. Nun hat das Oberste Appellationsgericht der Türkei den Weg für eine neue Klage freigemacht.
Nachdem im Jahr 2006 bereits ein Strafverfahren wegen "Herabwürdigung des Türkentums" gegen den türkischen Schriftsteller und Nobelpreisträger Orhan Pamuk aus formalen eingestellt worden war, hatte ein Verein nationalistischer Rechtsanwälte versucht, Schadensersatz gegen den Autor geltend zu machen. Sechs Anwälte klagten daher auf Schadensersatz in Höhe von jeweils 16.000 Euro, da sie sich durch die Äußerungen Pamuks in ihren Persönlichkeitsrechten als türkische Bürger verletzt sahen. Auch dieses Verfahren wurde von einem türkischen Gericht abgewiesen. Unter den ursprünglichen Klägern des Strafprozesses ist auch der rechtsgerichtete türkische Anwalt Kemal Kerincsiz, der mittlerweile wegen der mutmaßlichen Beteiligung an Putschplänen gegen die türkische Regierung selbst vor Gericht steht. Kerincsiz soll Mitglied der als "Ergenkon" bekannt gewordenen ultranationalistischen Geheimorganisation sein. "Ergenekon" wird verdächtigt, drei christliche Missionare sowie den türkisch-armenischen Journalisten Hrant Dink ermordet zu haben. Auch soll ein Anschlag auf Orhan Pamuk geplant gewesen sein, der jedoch durch die Festnahme von mehr als 30 Ergenkon-Mitgliedern Anfang 2008 verhindert werden konnte. Auf der Todesliste der Geheimorganisation sollen neben Pamuk auch der ökumenische Patriarch Bartholomaios I. gestanden haben.
Im Mai 2009 wurde nun ein neues Schadensersatzverfahren gegen den Schriftsteller angestrengt. Nachdem zunächst ein Gericht in Istanbul die Klage erneut abgewiesen hatte, entschied nun das Oberste Appellationsgericht in Ankara, dass die Kläger von Orhan Pamuk grundsätzlich Schadensersatz wegen "Herabwürdigung des Türkentums" verlangen könnten. Das Gericht in Istanbul muss nun erneut über die Klage entscheiden.
Besondere Brisanz erhält das Verfahren gegen den Literatur-Nobelpreisträger des Jahres 2006 zudem dadurch, dass die Entscheidung des Gerichts kurz vor der geplanten Unterzeichnung eines Regierungsabkommens zwischen der Türkei und Armenien zur Normalisierung ihrer Beziehungen erfolgte. Auch wird in Kürze ein EU-Fortschrittsbericht zur Türkei erwartet. Nach der Entscheidung des Appellationsgerichts wird der EU-Bericht Medienberichten zufolge wohl erneut Kritik an der mangelnden Meinungsfreiheit in der Türkei beinhalten.
Daten und Fakten | Geschichte |
Geographie | Bevölkerung |
Politik | Wirtschaft |
Kultur | Gesellschaft |
Berühmte Türken | Türkische Küche |
Wetter & Klima | Türkischer Fußball |